Ob Ackermann, ob Blessing, kein Tag vergeht, an dem deutsche Banker sich nicht in Demut üben. In jedem Interview das sie geben, findet fast schon ritualisiert ein Bekenntnis zur Schuld der Banken an der Finanzkrise statt.
Höhepunkt der Entwicklung war kürzlich der Auftritt von Coba-Chef Blessing und Finanzminister Steinbrück bei Beckmann. In gebückter Haltung sprach einer der einflußreichsten Banker (und jetzt Staatsbanker) in Deutschland über die Verantwortung und das kollektive Fehlverhalten der Branche. Peer Steinbrück saß als Macher daneben und gefiel sich in seiner Bankerbashingrolle.
Was waren das noch für Zeiten als die Privatbanken in Deutschland für Privatisierungen und ein Aufbrechen des Drei-Säulen-Systems kämpften. Jetzt sind sie in Talkshows dankbar, dass Vater Staat ihnen so großzügig hilft. Wo sind die selbstbewußten leitenden Schalterangestellten den geblieben. Wann kritisiert endlich mal ein einflußreicher Banker die Rolle des Staates bei der Geld- und Kreditschöpfung?
Der Staat hat die Fischteiche geflutet, neue Fische eingesetzt und sie mit Anabolika gefüttert. Den Fischern wird jetzt vorgeworfen, dass sie Fische fangen. Die Größe und Menge der Fische hat der Staat festgelegt. Er ist der Täter.
….Sind Aktiengesellschaften bei uns eigentlich noch Privatunternehmen oder schon längst qua Mitbestimmung und ähnlicher Dinge in Öffentliche Hand dissipiert?
Gegenseitige Schuldzuweisungen unter Politik und Wirtschaft treten möglicherweise zu kurz.
http://www.welt.de/politik/article2602447/Die-Machtzentren-der-Welt-verschieben-sich.html
Wenn man an den Kapitalsmus als erfolgreichstes, kreativstes und mächtigstes Instrument der Geschichte glaubt, wird man die Frage, die hier aufgeworfen wird solange mit „Nein“ beantworten, wie „Der Westen“ hinreichend kapitalistisch (=Freihandel, Eigentum) ist.
Vielleicht sind die Schuldgefühle der Banker real.
Ich denke es fehlt einfach noch eine Menge Information darüber, was wirklich geschehen ist.
Ist das denn wirklich so abwegig, dass dort angesichts der tollen neuen Komputer-Vernetzung und der liberalisierten Gesetzgebung strukturell ein wenig Sinn und Verstand über Bord geworfen wurde. Jeder würde über die IT-Branche 2001 sagen, dass die einen an der Marmel hatten. Warum die Banken 2007 nicht?
Es wird zu dem Thema sicher noch einiges an Erhellenden publiziert werden.
> Wo sind die selbstbewußten leitenden Schalterangestellten den geblieben.
„einflussreich“, „selbstbewusst“ und „denn“.
BTW, dann auch nicht beim „Täter“ arbeiten…
Und das ist auch nachvollziehbar. Ich bin froh, dass das Drei-Säulen-Modell noch existiert, auch wenn die Sparkassen dank der „tollen“ Landesbanken ordentlich zu rackern haben.
„Der Staat hat die Fischteiche geflutet, neue Fische eingesetzt und sie mit Anabolika gefüttert.“
Wenn die „Schalterangestellten“ so schlau und selbstbewusst sind, hätten sie doch (als frei handelnde/denkende Individuen, oder so) merken können, dass sie „angefixt“ werden, oder nicht? Einen durch Anabolika-Missbrauch schwer erkrankten Bodybuilder spricht man ja irgendwie auch nicht von Schuld frei.
Um bei diesem (ziemlich schraegen) Beispiel zu bleiben:
„Der Staat hat die Fischteiche geflutet, neue Fische eingesetzt und sie mit Anabolika gefüttert.“
Und den Fischern, deren Job ja Fische fangen ist, denen ist gar nicht aufgefallen dass viele dieser neuen Fische komisch aussahen, irgendwie aufgedunsen, in allen Farben schimmernd und manchmal mit 2 Koepfen dafuer ohne Flossen? Wie waere es mit catch and release statt I’ll eat whatever takes my hook?
john j
um im Bild zu bleiben. Diese Bodybuildingfische wurden ja gerade von staatlichen Fischhändlern (Landesbanken) gekauft und weiterverkauft. Ohne die Flutung der Teiche und ohne die staatlichen Garantien für die staatlichen Fischhändler (Anstaltslast und Gewährträgerhaftung) hätte das alles nicht entstehen können.
@Schaeffler
ich bin immer noch im Unklaren wie genau der Staat die Umwandlung von hochriskanten mortgages in CDOs, ABSs und credit default swaps mit Hilfe der investment banks geschafft hat. Genau hier liegt ja das Problem. CRA hin oder her, ohne die securitization der mortgages waeren halt ein paar credit unions in Nevada, Florida, California und Indiana untergegangen, ein paar der grossen Banken haetten ein paar Abschreibungen gemacht, Freddie und Fannie haetten eine Lektion erteilt bekommen, und fertig Das Problem waere auch auf die USA (und hier eher Teile der USA) beschraenkt geblieben. Erst durch die securitization, also die Umwandlung der mortgages in Anlagevehikel, breitete sich das Ganze aus und nahm eine neue Dimension an – und ermoeglichte es den Landesbanken in der BRD bspw diese ueberhaupt zu kaufen. Einen mortgage in Palm Springs, CA haetten sie ja vorher nicht erwerben bzw unterschreiben koennen.
„Diese Bodybuildingfische wurden ja gerade von staatlichen Fischhändlern (Landesbanken) gekauft und weiterverkauft.“
Das trifft im wesentlichen nur auf die BRD zu. Aber es sagt noch nichts darueber aus dass diese Fische eben komisch aussahen – und sich daher viele andere Banken eher zurueckhielten. Dass es evtl ein Problem bei deutschen Landesbanken gibt was corporate governance, risk management und Verantwortung/Haftung betrifft (letztlich ist es ja nicht „ihr“ Geld…) will ich gar nicht bestreiten. Es war mir noch nie klar warum man in der BRD Dutzende von staatlichen Banken braucht.