Herr Ackermann ist der Buh-Schweizer in Deutschland. Er verkörpert derzeit wie kein anderer alle jene Eigenschaften, aufgrund derer Herr Steinbrück, zum Beispiel, seine liebe Mühe mit der Alpenrepublik hat: Erfolg in Geldsachen und ausgeprägtem Mangel an Unterwürfigkeit gegenüber Staatsorganen.
Mit dem Verzicht auf staatliche Unterstützung für seine Bank, deklariertem und auch fast erreichtem 25%-Renditeziel erklimmt er diese Woche wieder neue Höchstwerte auf der nach oben offenen bundesrepublikanischen Empörungsskala.
Der Mann hat Erfolg und freut sich auf die martkwirtschaftliche Zukunft. Und bringt damit die Staatslenker in Erklärungsnot, eine westeuropäische Politkaste, welche die chinesische Art der Staatsintervention in die heimische Wirtschaft (heimlich) zum neuen Ideal erklärt hat.
Josef Ackermann ist der eigentliche Schweizer Botschafter in der BRD mit Sitz in Frankfurt.
Ich kann dieser pauschalen Politikerschelte, bei der auch ein nicht unbeträchtliches Maß an Demokratieverdrossenheit durchklingt, schließlich ist diese „Politkaste“ demokratisch legitimiert, absolut nichts abgewinnen.
Ist eine Frage, wieviel Legitimation man in seiner Eigenschaft als Citoyen abgetreten hat. In der Schweiz ist es zum Glück nicht allzuviel. In Frankreich, beispielsweise, unbegreiflich viel und das an nur eine einzige Person.
Der nette MM scheint die meisten Stellungnahmen und Possen aus deutschen Politikerkreisen zu diesem Thema noch gar nicht vollständig zur Kenntnis genommen zu haben, sonst wäre der Blogeintrag wohl noch eine Spur pointierter ausgefallen.
Ansonsten: Pauschale Politikerschelte ist hier nicht gegebene, sondern konkrete, Politikverdrossenheit hier nur eine Projektion und die Legitimation der Politiker war nicht in Frage gestellt, letztlich wohl aber die Verständigkeit des „Personals“, LOL.
Daß sich Schweizer und Amerikaner nicht beliebt machen, wenn Sie (immer mal wieder) anmerken, daß dieses halbgare Verhältniswahlrecht plus Koalitionsregierungen minus vollständige Gewaltenteilung allerhöchstens als Vorschulübung zum Thema „Demokratie“ durchgehen kann, ist bekannt. Verantwortlich für die diesbezügliche Verdrossenheit kann man sie trotzdem nicht machen. Obwohl – die Amerikaner evtl. doch, denn die Weichen wurden ja unmittelbar nach dem 2. Weltkrieg falsch gestellt.
Kann man ja ändern.
FÜr die Summe, die die halbstaatlichen, unter Politiker-Aufsicht stehenden Landesbanken in den Sand gesetzt haben, könnte man sich den Ackermann incl. Bonus 100 Jahre lang leisten.
Ich stelle mir gerade vor, wie die Deutsche Bank bilanziert hätte, wenn nicht weltweit die Staaten mit Steuergeld und mit gepumpten Geld eingesprungen wären, um das Finanzsystem rudimentär am Laufen zu halten.
Ah, ich weiß, man hätte die Bilanzierungsregeln so geändert, dass Wertpapiere, die keiner mehr haben will, mit dem einstigen Kaufwert abgerechnet werden.
Bleibt noch anzumerken, dass die Vereineitlichung der Bilanzierungsregeln und die Abkehr vom HGB diese Dinge erst möglich gemacht hat. Diesen Schuh hat die Politik zu verantworten.
Bank gut. Staat schlecht.
Bankgeschäfte nicht so gut. Staat schlecht.
Bankenrettung durch Staat gut. Staat schlecht.
Bankbilanz nicht so gut. Staat schlecht.
Staat hilft Bank durch Bilanzänderung gut. Staat schlecht.
Da hat der gute Mann aber einiges durcheinandergebracht.
>Mit dem Verzicht auf staatliche Unterstützung für seine Bank,
–> Nachdem er eine solche gefordert hat für „die Banken“
Erinnere ich mich richtig, die Politik hat Ackermann und andere gerade gedrängt, sich unter den Schirm zu begeben?
Erinnere ich mich richtig, die Politik wollte dass das Kreditgeschäft nicht zum erliegen kommt.
Ackermann hat meiner Erinnerung nach den Vorschalg gebracht einen „Rettungsschirm“ zu spannen und anschließend gemeint, seine Bank braucht es nicht.
Nicht falsch verstehen: Mir ist eine Bank tausendmal lieben, die NICHT Staatsknete abgreift. Aber Herrn Ackermann zum Heros der freien Marktwirtschaft zu küren ist zumindest gewagt
Ackermann hat zumindest und völlig zurecht gesagt, jede Bank, die den Schirm in Anspruch nimmt, solle sich was schämen!
Wenn Acki sowas raushaut und er die Deutsche Bank, die Hilfe nicht braucht und auch nicht in Anspruch nehmen will, dennoch so (eventuell auch als Privatmeinung) vertritt, dann hat das politische Gründe.
Diese aktuell gegebene pol. Drohkulisse, die den Spitzenmanagern krankhafterweise „Demut“ abfordert, geht nicht spurlos an den Karrieren vorbei. Das sind auch nur Menschen und die haben auch einen Bekanntenkreis und pol. Abhängigkeiten.
Zuletzt war so eine Stimmung zu RAF-Zeiten in den Siebzigern in D feststellbar, als ganz gezielt Jagd gemacht wurde.
Sorry, ich hab‘ „Heizpilz“ gelesen und dann nur noch weißes Rauschen gesehen…
„Demut“ ist angesichts der Tatsache, dass die BANKENkrise BANKEN betrifft und damit BANKER, die ihren Kunden, Chefs, Aktionären und mir auch Geld verbrannt haben, durchaus angebracht. Üblicherweise werden Leute, die ihren Job schlecht machen, wochenlang durch den Kakao gezogen und dann gefeuert. Dann können sie mit erhobenem Haupt gehen!
Du meinst die amer. Hypothekenkrise und die Partizipationen deutscher Banken und Banker an dem „Schneeballsystem“?
Falls ja, die Party wurde von demokratischen US-Politikern eröffnet und unter Bush nicht beendet, dann platzte die Blase, eine Schuld erkenne ich hier primär auf Seiten der Politiker bzw. _der_werten_Bürger, die meinten die gelddruckende Wollmilchsau erfunden zu haben.
BTW, von den Bankern haben am schlechtesten die deutschen Landesbanker agiert, da sie sich freiwillig an dem amer. „Supergeschäft“ beteiligt haben, Acki dürfte diese privat verlachen. Ganz undemütig, und zu Recht natürlich, LOL.
Schschschschsch, genau, darf er und soll er – so laut, dass man sich noch in Kiel die Ohren zuhalten muss. Und Acki sollte die auch „öffentlich“ als gescheiter Chef der Deutschen Bank verlachen. Gerne auch mit V-Zeichen. Zugucken müssten dann die Herren Landesbanker und CommerbankHREblauhemden die auch glaubten, die Geldlegende Gelmilchgeldsau erfunden zu haben und Unternehmen an die Wand gefahren haben.
Landesbanker, zumindest bestimmte, sollten natürlich reuig und demütig sein, am besten sehr reuig und demütig, wie ich finde.
Aber doch nicht der Acki mit seinen Erfolgen, oder soll bei den Bankern nicht differenziert werden?
Irgendwie könntest Du einfach meinen vorangegangenen Post lesen und Dir die Frage selbst beantworten.
Aber Linke sind ja höflich: Ja, soll. Acki! Und nicht nur als Privatmann sondern als Chefvolkswirt einer Bank die sich bislang recht gut geschlagen hat!
Wie man hört, beruhen die Gewinne zu einem großen Teil auf Provisionen für Anleihen, die sich Firmen in Erwartung zukünftig zäh fließender Kredite, besorgt haben.
Wie viel Fan-Boy muss man sein, um da jubeln zu können?
Na gut, vielleicht genügt es auch Schweizer zu sein, um über die kleinen unschicken Details – wie Steuergelder von AIG – hinweg sehen zu können. Erster Lehrsatz: Geld stinkt nicht nicht.
So lange sich die Finanzbranche nur einem dermaßen kritikunwilligen Jubelvölkchen stellen muss, kann sie sich weiter in beliebige Spekulation stürzen. Wenn’s gut läuft ist es eh gut, wenn’s schief läuft, gibt es weltweit Interesse, sie vital zu halten.
Eine waschechte Win-Win-Situation à la Bankster.
Ich fürchte, es wird noch eine Weile dauern, bis die Deutsche Bank den Kollegen Kuschel bei jedem Geschäftsabschluss um eine Genehmigung bittet.
Sind ja noch andere unzufrieden mit dem Ackermann: Die Anleger und die Analysten. Und weil der Markt im Gegensatz zu den Politikern immer Recht hat, hat er das auch jetzt. Ist das nicht schön?
Unglaublich, dass auf die SPD-Reaktionen auf den Quartalsbericht Ackermanns, die sehr kritisch waren, seitens des Aufsichrats der Deutschen Bank mit einer Vertragsverlängerung reagiert worden ist!!
Es wird noch ganz übel kommen mit Managern wie Ackermann, die es an Demut missen lassen. Das Volk wird eine Antwort finden und geben, GEBEN, jawoll!
Leider redet NIEMAND von den Bankern in den Landesbanken und deren politischen Aufsichtsräten: Von LINKE bis FDP sitzen ALLE da mit drinnen und träumen vom Ackermann-Bonus.
Die pol. Banker sind natürlich von der allgemeinen Bankerhatz auszunehmen. ;–)
Wessen Eigenschaften sind das, lieber MM? Der Schweizer?
Ich weiß nicht recht. Ob es nicht vielleicht viel eher die Denkweise jener freisinnig-bürgerlichen Kultur ist, die im süddeutsch-deutschschweizer Raum seit dem 19. Jahrhundert fest verankert ist? Alemannisch, schwäbisch, bajuwarisch – konservativ, liberal, gewerbefleißig?
Für mich verkörpert durch den jungen Gottfried Keller, der 1845 begeistert an den Zürcher Freischarenzügen nach Luzern teilnahm; der in München und Heidelberg ebenso zu Hause war wie in Zürich.
Herzlich, Zettel
»Gewerbefleißig« ist ein schönes Wort. Auf der einen Seite verkörpert … und andererseits verewigt in Gottfried Kellers Werken ;-)
Ja, stimmt, lieber Stefanolix, das paßt auch. Keller ist wie Fontane auch deshalb einer meiner Lieblingsautoren, weil er die Sprache mit handwerklicher Genauigkeit verwendet; nein „verwendet“ ist nicht ganz richtig – er hat ja Sprache geschaffen.
Einer von denen, die an jedem Satz gefeilt haben. Er war als junger, hoffnungsvoller Maler bei einem Stümper in die Schule gegangen und schätzte danach das Handwerkliche umso mehr; als Maler wie auch dann als Schriftsteller.
Auch das paßt zu dieser alemannisch-schwäbisch-bajuwarischen Kultur. Man ist einander in diesem Kulturraum viel ähnlicher als, sagen wir, ein Südbadener einem Mecklenburger. ;-)
Herzlich, Zettel
Geschätzter Herr Zettel, ich denke schon, dass Herr Ackermann ein Schweizer durch und durch ist. Miliz-Oberst im Generalstab, Banker, kulturinteressiert, weltoffen – führungsgewandt, nicht staatsgläubig, republikanisch, logischerweise FDP, in seinem Alter – nein, nein, der Ackermann ist schon ein typischer Schweizer.
Darum kann man so einem wie dem Ackermann das Portemonnaie geben und nach einer Woche wieder abholen. Der schaut nicht mal rein. Ich könnte mir sogar vorstellen, dass der seinen Gottfried Keller kennt. Gehört auch dazu.
Bob Lutz, ex GM- und Chrysler-Chef ist auch so ein Typ.
Das wollte ich, lieber M.M., keineswegs anzweifeln. Nur scheint mir, daß die Eigenschaften, die Sie zu Recht an ihm rühmen, nicht auf die (Deutsch-) Schweiz beschränkt sind, sondern eben zu dem genannten Kulturraum gehören.
Auch die Badener sind ja 1848 auf die Barrikaden gegangen; Schubart und der junge Schiller hatten ein dreiviertel Jahrhundert zuvor in Württemberg den Funken der Freiheit entzünden helfen.
Die FDP war einmal in Württemberg so stark, daß sie den Ministerpräsidenten stellte; den unvergeßlichen Reinhold Maier.
Der hätte auch ein Schweizer sein können. ;-)
Herzlich, Zettel
Sie haben es oben weiter oben erklärt – die Südwestecke ist sich ziemlich nahe. Die Bayern verstehen wir auch recht gut, wenn auch nicht immer sprachlich.
Wenn der 1. Weltkrieg nicht gekommen wäre, wäre mein Grossvater – als Badenser in Basel geboren – nicht in den Krieg gezogen und wer weiss, vielleicht sähe Europas Karte etwas anders aus. War kürzlich an einem Cousinen-Treffen in Freiburg, war einmal mehr verblüfft (etwas beschämt auch), welche Sympathie man der Schweiz und den Schweizern entgegenbringt, sah viel Gemeinsames, in der Tat.