Das obligatorische Anbringen religiöser Symbolik in Staatsschulen verletzt die Religionsfreiheit der Schüler und beschränkt unzulässig das Recht der Eltern, ihre Kinder in Übereinstimmung mit ihren Überzeugungen zu erziehen, sowie „das Recht der Kinder, zu glauben oder nicht zu glauben“. Mit dieser Entscheidung gab der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte der Beschwerde einer Mutter zweier Kinder statt, die zuvor vor dem italienischen Verfassungsgericht gescheitert war. Die Regierung in Rom wurde zur Zahlung einer Entschädigung von 5000 Euro verurteilt.
Dass sich deshalb klerikale Parteigänger aller Art, auch hierzulande, veranlasst sehen, wohlfeil von Kultur, Identiät, Werten und all den wichtigen Dingen zu schwadronieren, die nur durch die jeweilig regional vorherrschende Religion – also ihre – entstehen und bestehen könnten, will ich hier nicht weiter kritisieren. Haken wir das laute Jammern über den Untergang des Abendlandes unter Lobbyarbeit ab. Wenn sich Politiker der Gerechtigkeitspartei über das Kopftuchverbot an türkischen Universitäten echauffieren oder christliche Fundis in den USA über die Lehrpläne staatlicher Schulen, gehört das in die selbe Kategorie.
Eine Anmerkung zum Thema „christlich-abendländisches Wertefundament“ erscheint mir aber schon angebracht: Laizismus und Aufklärung – mithin das staatliche Neutralitätsgebot – beruhen in der Tat ebenso auf christlich-abendländischen Traditionen wie die europäischen Religionskriege, religiös motivierte Vertreibungen und andere Formen kirchlich angeordneter Intoleranz unter dem Zeichen des Kreuzes. Es geht also vorrangig um die Entscheidung, auf welche Traditionslinie(n) man sich beziehen will, nicht um eine „Abkehr von gemeinsamen Werten“.
Sehr schön, Zustimmung. Und noch eine Anmerkung dazu:
Die christlich-konservativen Fanatiker wie kewil, die bei jeder pro laizistischen Gerichtsentscheidung sofort auf die Barrikaden gehen, übersehen ein ganz wichtige Funktion dieser Entscheidungen.
Je weiter man das ausbaut, desto schwieriger wird es für die schon bald die Bevölkerungsmehrheit stellenden Moslems ihre religiösen Ansprüche gegenüber der Mehrheit geltend zu machen.
Ich für meinen Teil mag nämlich weder die Kirchenglocken und erst recht nicht den Muezin ertragen müssen. Sollte man aber weiterhin der Bevölkerung auferlegen die Kirchenglocken ertragen zu müssen, dann wird man irgendwann auch nicht um den Muezin herumkommen. Gleiches Recht für alle.
Aus unerfindlichen Gründen will man das nicht akzeptieren. Indes wird die moslemische Bevölkerungsmehrheit kommen und dann wird man ja sehen, wohin man mit einem Recht auf religiöse Symbolik im öffentlichen Raum gekommen ist.
„Gleiches Recht für alle“? In Bezug auf demonstrative Religionsauslebung in der Öffentlichkeit? Wieso eigentlich?
Meinst Du das in Bezug auf die Religionsausübung in der Öffentlichkeit oder in Bezug die gleiche Rechtsanwendung?
Die Kreuze in staatlichen Anstalten lassen sich nicht mehr aufrechterhalten. Kirchengeläut und Muezzinruf sind aber ein anderes Thema. Das ist Werbung im öffentlichen Raum. Da man, wie die Gerichte feststellen, die Freiheit zu glauben oder nicht zu glauben, muss man ja nicht jeder Werbebotschaft nachfolgen und wird durch die Verkündungen zu nichts gezwungen.
Ne, ist klar. Das ist bloße Werbung und daher habe auch ich das Recht an einem Sonntag Lärm zu machen. Ich muss gleich los in die Stadt und mir ein paar große Lautsprecher kaufen, mit denen ich einen solchen Lärmpegel erzeugen kann.
Oder vielleicht doch nicht?
Bin mal gespannt, wie sich das Urteil auf die bayerischen Kreuze, die Kopftuchregelungen und auf den kürzlich durchgesetzten Gebetsraum für den muslimischen Schüler in Berlin auswirkt.
Auf die bairischen Kreuze wird das überhaupt keinen EInfluß haben, da hier schon das Bundesverfassungsgericht gesprochen hat.
Die CSU hat damals dermaßen hyperventiliert und von einem Verbot des Christentums und der abendländischen Werte halluziniert, daß man geistig gesunde Menschen vom an-die-Stirn-tippen blaue Flecken bekommen haben.
Was hat denn das Bundesverfassungsgericht gesagt? Dass Kreuze in öffentlichen Schulen verboten sind? Das Urteil muss mir entgangen sein.
Ich hab’s tatsächlich verdrängt. Man wird halt nicht jünger:
http://de.wikipedia.org/wiki/Kruzifix-Beschluss
Nein, eben nicht. Aber die CSU in ihrer Verwirrung behauptet das noch heute manchmal.
Die ganze Geschichte war noch unter Kohl und ist bis heute legendär.
Es ist so, daß in der bairischen Landesverfassung das Christentum die Staatsreligion ist. Das ist natürlich grundgesetzwidrig und führt dazu, daß München immer mal wieder einen auf den Deckel kriegt.
Beim Kruzifixurteil war es so, daß sich Eltern gegen die christliche Indoktrination ihrer Kinder wehrten, insbesondere wollten sie ihre Kinder nicht mit schön realistisch dargestellten (inklusive Blut und Splatter) Leidensmännern im Klassenzimmer traktiert haben.
Die Begründung war eigentlich ganz nachvollziehbar: Was dermaßen schädlich für die kindliche Psyche sein soll, daß staalicherseits Sende- und Druckverbote ausgesprochen werden müssen (Kinder- und Jugendschutz), daß kann ja dann wohl nicht in der Grundschule neben die Tafel gehängt werden. Also ab damit in die Gruselabteilung für Erwachsene.
Der Konter: Die Kruzifixe durften nach bairischem Gesetz nicht abgehängt, nicht einmal zeitweilig verhängt werden. Die Staatsregierung wollte alle ihre Untertänchen zwingen, sich beim Schulbesuch die Leiche am Kreuz anzugucken, da eine bairische Schule gefälligst eine christlich-religiöse Schule zu sein habe. Andere Schulen sind bis heute übrigens verboten.
Religiöse Toleranz bedeutet bei der CSU, daß man auch evangelisch sein darf. Wenn es denn unbedingt sein muß.
Nun haben die Eltern dann gegen das Gesetz geklagt und zwar wegen religiöser Diskriminierung. Sie wären ja zufrieden gewesen, wenn man die Hinrichtungsszene wenigstens zeitweilig abgehängt hätte, während der eigene Filius dort sitzen mußte. Aber wie gesagt: Das hat der Freistaat Bayern strikt verboten.
Und so ging die Sache dann eben vors Verfassungsgericht,welches vorhersehbar geurteilt hat: EIn Gesetz, welches alle Schulen zu einem bestimmten religiösen Bekenntnis zwingt ist ungültig. Ein Gesetz, welches Schulen dazu zwingt, Kruzifixe ins Klassenzimmer zu hängen, ist ungültig.
Das Ergebnis war ein haarsträubender Irrentanz in der CSU, bei dem man mal schön beobachten konnte, wie dünn die Eisschicht zwischen Religiosität und rasendem Wahnsinn sein kann.
Natürlich versuchte das Irrenhaus dann das Grundgesetz kurzerhand für ungültig zu erklären und ließ einige Kruzifixe von der Polizei schützen.
Woraufhin man im Bundesinnenministerium gezwungen war, durchsickern zu lassen, daß man dann notfalls das BKA zur Erzwingung der Verfassungstreue in Marsch setzen müsste, sollte das Tollhaus nicht zur Legalität zurückkehren.
Es war einfach ganz großes Theater und wirkt heute noch nach.
Im Archiv der Sueddeutschen müßten sich die schönsten Glossen dazu finden, aber die Kommentare in den anderen großen Medien waren auch schön.
Achja, anders als dies von diversen Wahnsinnigen immer noch behauptet wird, wurde natürlich nicht verboten, Kreuze aufzuhängen.
Und natürlich darf der Freistaat darauf drängen, daß Kreuze aufgehängt werden.
Er darf es eben nur nicht erzwingen.
Und so hängt bis heute in allen bairischen Klassenzimmern ein Kreuz und wird nur zeitweilig abgenommen, wenn jemand einen gut begründeten Antrag stellt.
Hätte man auch gleich haben können, aber sag das mal einer diesen Bekloppten in München…
PS.: Übrigens sind da noch weitere Torpedos im Rohr. Die bairische Verfassung schreibt allen Schulen eine Erziehung zu Gott vor, was in der Praxis missionarischen Unterricht durch der Schule aufgezwungene Priester bedeutet.
Damit haben Privatschulen atheistischer oder buddhistischer Prägung natürlich ein Problem.
Und natürlich ist dieser Verfassungspassus ebenso grundgesetzwidrig wie das alte Schulgesetz.
Und natürlich wird er trotzdem in aller Härte gegen Privatschulen exekutiert, um die armen Seelen der Ungläubigen vor Satanas zu retten.
Irgendwann werden die klagen. Das wird wieder ein Tanz, meine Herren!
Ich freu mich schon drauf.
Wie kommst Du zu der Behauptung, dass „in der bairischen Landesverfassung das Christentum die Staatsreligion ist“?
Artikel 142,1: „Es besteht keine Staatskirche.“
Und „Die bairische Verfassung schreibt allen Schulen eine Erziehung zu Gott vor“ ist auch nicht richtig.
Artikel 135: „Die öffentlichen Volksschulen sind gemeinsame Schulen für alle volksschulpflichtigen Kinder. In ihnen werden die Schüler nach den Grundsätzen der christlichen Bekenntnisse unterrichtet und erzogen. Das Nähere bestimmt das Volksschulgesetz.“
„Volksschulen“ sind Grund- und Hauptschulen.
Bissl Lektüre:
http://de.wikipedia.org/wiki/Verfassung_des_Freistaates_Bayern
Das ist der kleine Unterschied zwischen de facto und de jure. Die Irrenabteilung der CSU schickt schon das SEK los, wenn irgendwo ein Graphitti gegen den Papst auftaucht.
Daß die jetzt gleic wieder im Dreieck springen würden, war vorherzusehen.
Richtig, die CSU ist dämlich. Habe ich nie bestritten. Aber Du hast behauptet, das Christentum sei Staatsreligion in Bayern. Und das ist nun einmal falsch.
Nach Auffassung und Praxis der CSU und damit großer Teile der Beamtenschaft ist es das nun einmal.
Man möge einfach versuchen, in Bayern eine nicht-christliche Privatschule zu gründen.
Siehste Christian, das ist der Unterschied zwischen Wort und Wirklichkeit.
Nach dem Tonlaut der Verfassung der DDR gehörten auch Demokratie, Rechtsstaat und Wiedervereinigung zur Staatsdoktrin.
Pech für die, die es glaubten.
Du hast geschrieben: „Es ist so, daß in der bairischen Landesverfassung das Christentum die Staatsreligion ist.“ Und das ist nun einmal falsch. Mehr wollte ich nicht sagen.
„Es ist so, daß in der bairischen Landesverfassung das Christentum die Staatsreligion ist. Das ist natürlich grundgesetzwidrig und führt dazu, daß München immer mal wieder einen auf den Deckel kriegt.“
@califax: Warum gibst Du nicht einfach zu, dass das mit der Landesverfassung falsch war, wie Christian schon geschrieben hat?
Übrigens macht es bei der ganzen Kruzifix-Geschichte aus Bayern eher den Eindruck, dass Du auch hyperventilierst, nicht nur die CSU.
„Die Begründung war eigentlich ganz nachvollziehbar: Was dermaßen schädlich für die kindliche Psyche sein soll, daß staalicherseits Sende- und Druckverbote ausgesprochen werden müssen (Kinder- und Jugendschutz), daß kann ja dann wohl nicht in der Grundschule neben die Tafel gehängt werden. Also ab damit in die Gruselabteilung für Erwachsene.“
Das stimmt meines Wissens auch nicht. Die Beschwerdeführer haben auf die negative Religionsfreiheit und das Elternrecht abgestellt. Die von Dir vorgebrachte Begründung taucht im Urteilstext, soweit ich weiß, gar nicht auf.
Das Urteil ist darüber hinaus mit 5-3 Stimmen ergangen. Es war also mitnichten so klar für das BVerfG, wie Du es hier darstellst, und es ist überhaupt nicht so absehbar, dass bayerische Landesgesetzgebung aus ebendiesen Gründen in absehbarer Zeit von Karlsruhe kassiert wird.
hamma
Auf die Sache mit dem Gebetsraum wird dieses Urteil wohl eher keinen Einfluss haben. Besagter Schüler hat sich ja eben ein eigenes Räumchen erstritten, wo er hinter verschlossener Türe den Freuden des verschlossenen Geistes fröhnen kann.
Solange er dabei nicht Muezzin Rufe einstudiert, bleiben seine Mitschüler in ihrem Recht zu glauben, nicht zu glauben oder von selbigem abzufallen relativ unberührt.
Religion ist für mich Privatsache, da kann sich jeder ein Kreuz oder sonstwas zuhause hin hängen, in der Schule haben religiöse Symbole nichts zu suchen.
Das Urteil ist aber vor dem Hintergrund, dass ein einzelner Schüler einen ganzen Betraum in einer Schule! für sich beansprucht, widersprüchlich. Auch Kopftuch/Burka ist wie der Gebetsraum eine klerikale Besetzung des Öffentlichen Raums. Weder Betraum noch Kreuze sollte es in Schulen geben.
Er beansprucht das Recht zu Beten für sich und nichts weiter.
Die Idee mit dem Gebetsraum war ein Eigentor der Schulleitung.
Die Rechtslage ist doch ganz einfach:
Ein Schulleiter darf den Schülern nicht das Beten verbieten. Wenn der Schulleiter meint, er könne das Beten nur in einem abgeschlossenen Zimmer erlauben, dann muß er den Schüler zum Beten in ein abgeschlossenes Zimmer stecken.
Das ist so einfach, so grundlegend und so leicht verständlich, daß man deswegen wirklich nicht irgendwelche Märchen über den Untergang des Abendlandes benötigt.
Ich kenne meine Großmutter nicht ohne Kopftuch
Meine Omma hat auch Kopftuch getragen (allerdings nicht in geschlossenen Räumen). Aber wo ist der Zusammenhang zu meinem Text oder zum Kommentar? Ich kann nicht erkennen, dass hier jemand ein generelles Kopftuchverbot gefordert hätte.
Nu, der Laizismus hat auch keine ganz weisse Weste. Wenn man das ganze à la française macht und jeden sichtbaren Ausdruck von Religiosität in staatlichen Institutionen, insbesondere Schulen, verbietet, so ist das m.E. nicht weniger illiberal als ein Kruzifix an der Klassenzimmerwand. (Verboten sind u.a. Kopftuch, Kippa, Turban, „allzu große“ Kreuze…)
Wenn muslimische Eltern ihre Töchter in katholische Privatschulen schicken, weil sie nur dort das Kopftuch tragen dürfen, dann ist doch irgendwas faul.
Wertneutralität ist eine Illusion
http://ef-magazin.de/2009/06/27/1306-saekular-ist-anders-wertneutralitaet-als-zivilreligion
„Steckt, so muss man fragen, denn in der Verfolgung von Wertneutralität selbst nicht eine Wertordnung eigener Art? Wenn ein Schleier nicht getragen wird, so vermittelt das dem Schüler bewusst oder unbewusst eine Meinung zur Frauenverschleierung. Fragt sich die muslimische Schülerin nicht, aus welchen Gründen ihre Lehrerin im Gegensatz zu den ihr bekannten weiblichen Bezugspersonen keinen Schleier trägt? Sie wird es tun und muss dadurch das ihr bekannte Wertsystem hinterfragen. Ein Hinterfragen ist nur möglich, wenn sie Opposition zu ihrem Wertsystem durch ein anderes Wertsystem erfahren hat. Ein Schüler, der im Elternhaus in jedem Zimmer ein Kruzifix an der Wand kennt, muss sich ebenso erklären, warum das in den Schulräumen anders ist. Auch sein Wertsystem ist der Opposition eines anderen Wertsystems ausgesetzt. Beide Schüler erfahren neues. Neue Erfahrungen als Abweichung vom Altbekannten sind die Grundlage der Kritik, derer sich das bisher Bekannte stellen muss. Wenn der Schulbesuch im Ergebnis dazu führt, dass die bisherigen Werte kritisiert werden können, so kann man schwerlich von staatlicher Wertneutralität in der Schule sprechen.
Wertneutralität ist aus diesem Grund eine Illusion. In Wahrheit handelt es sich bei der vom Staat nach dem Grundgesetz zu wahrenden Wertneutralität um eine bunte Mischung all dessen, was im Zeitgeist als politisch korrekt angesehen wird. In der Tat ist es auch unmöglich, einen Wert abzulehnen, ohne sein Gegenteil zu begrüßen. Jeder Anti-Wert ist ein Wert für sich.“
Es ist allerdings eine interessante Frage: Wenn der Staat weltanschaulich neutral zu sein hat, wie kann er dann überhaupt für irgendetwas einstehen?
Es gibt die FDGO. Für diese muß der Staat in aller notwendigen* Härte einstehen. Im Rahmen der FDGO soll jeder sein Plaisierchen pflegen dürfen.
*in aller notwendigen, nicht in aller möglichen.
Das Einstehen-Müssen für die FDGO beinhaltet eine Wertentscheidung. Der Staat ist nicht wertneutral. Er kann es nicht sein.
Halte es da eher mit Zettel, der die (naturrechtliche) Zustaendigkeit des Europaeischen Gerichtshofes fuer diese Dinge in Frage stellt. Italien ist ein Rechtsstaat und hat eigene Oberste Gerichte, die aufgrund der italienischen Verfassung (die offenbar der Kirche gewisse Privilegien einraumt) entscheiden.
Es ist nicht zu begruessen, wenn sich die EU uber diese dezentralere Souveraenitaet hinwegsetzt. Die Frage ob Kreuze in Schulen sind oder nicht, stellt sich in einem liberalisierten und privatisiertem Schulwesen ohnehin nicht. Ich fuerchte der Applaus hier ist ein trojanisches Pferd.
Und wenn der Mond aus grünem Käse ist, werden konservative Politiker auch erlauben, daß in Privatschulen kein Kreuz hängt.
Ganz sicher. :)
Naja, Dagny – die Pfaffen heulen aber nicht wider die EU und ihre Kompetenz (aus gutem Grund, denn dann müsste man fragen, woraus denn der Vatikan seine Zuständigkeit bezieht) sondern gegen den Laizismus…
Wenn der Staat klein genug ist, ist auch das kein politisches Thema.
Richtig. Aber wenn der „Kleinstaat“ alle seine Kompetenzen dem übergreifenden und grossmächtigen Staat überträgt sind eben keine lokalen Entscheidungen mehr möglich. Der Bürger eines solchen Kleinstaates ist nicht mehr bei sich zu Hause, er hat nur noch ein Zimmer in Untermiete. Dort wo er früher noch, im völliger Übereinstimmung mit den Wünschen der Hausbewohner und als deren Stellvertreter seine eigene Hausordung festlegen konnte, die keinen der nicht im Haus Wohnenden in irgendeiner Weise beeinträchtigte, muss er es sich gefallen lassen, dass man ihm Fesseln anlegt, die für ihn unverständlich sind.
So gesehen sind der Vatikan und die Schweiz Fremdkörper in Europa. Sie unterwerfen sich nicht der Hausordnung.
Es ist ausnahmsweise mal nicht die EU bzw. deren Gerichtshof (Luxemburg), sondern der Europarat mit seinem EGMR (Straßburg). Anders als bei Entscheidungen des EuGH ist es beim EGMR durchaus nicht ganz klar, inwieweit diese für die Behörden und Gerichte der Vertragsstaaten unmittelbare Bindungswirkung haben.
Ein Narrentanz eben.
Statt gemütlich abzuwarten, wie denn die Umsetzung dieser Entscheidung eigentlich erzwungen werden soll, oder einfach mal das Ding für ’ne Stunde in den Schrank zu legen, kommt gleich wieder der Phantomschmerz nach der Christenverfolgung hoch.
Ich ahne, was das Leute sind, die ständig Krieg am Gartenzaun führen…
Eben das ist es nicht 1Fach denken!
Wobei das christlich-jüdische Europa die Voraussetzungen geschaffen hat, dass die pol. Aufklärung und die modernen pol. Systeme inkl. der bekannt erfolgreichen technologischen Entwicklung möglich werden konnten.
In anderen Regionen war das nicht möglich, dort wäre man heute noch mit Pyramidenbau und Halsabschneidereien aller Art beschäftig (man beachte die Metaphorik), wenn Europas Werte nicht durchwirken würden (das gilt sogar für den Iran, sogar dort wirkt Europa – die Bärtigen befinden sich demzufolge in einem Abwehrkampf (der allerdings äusserst aggressiv geführt wird)).
Antichristliche und antijüdische Grundhaltungen a la Dawkins und Konsorten sind somit völlig unangebracht. Ein gewisser Stolz auf die europ. Vergangenheit (inkl. all der Meisners und Bismarcks und wie sie alle heissen und hiessen) ist nicht verkehrt. Wobei der werte Inhaltsmeister bei der technischen Bewertung des „Kruzifixes in Schzulräumen“ Recht hat. Skandalös ist dagegen der Fakt, dass die Sache EU-diktatorisch bearbeitet wird.
Überhaupt besteht in liberal/libertären Kreisen oft Erklärungsbedarf bzgl. der zivilisatorischen Wirkung von Christen- und Judentum. Hier sind deutliche Defizite erkennbar, die wiederum Mängel-, Minder-, Fehl- und Minusleistungen evozieren.
Schade eigentlich, man kann doch auch – um nur ein Beispiel zu nennen – den Islam hassen ohne kompensatorisch die rel. Grundlagen unserer Zivilisation anzugehen.
MFG, WB
Es ist für viele erstaunlich, welches Echo solche Entscheidungen auslösen. Ich kann das aber nachvollziehen: Die Verwalter des verwesenden Christentums wollen sich ihre Niederlage nicht eingestehen, und die befreiten Geister benötigen solche Triumphe, um sich über ihre Hoffnungslosigkeit hinweg zu retten.
Aber so wenig, wie ein Kruzifix an der Wand irgendwas im Kopf eines einigermaßen gesunden Kindes auszulösen vermag, genau so wenig bewirkt es etwas im Sinne seiner Befürworter.
Es kommt aber eben immer ein wenig traurig an, wenn alte Traditionen über die Ausnutzung staatlicher Zwangsinstrumente gestürmt werden, bevor sich das Neue als spontane Ordnung durchsetzen kann. Sei’s drum, hier hat der Fortschritt eine eindeutige Richtung: Symbole raus, Alltagsreligion rein.
als Atheist aus einer atheistischen Familie stammend, ist es mir ja sowas an egal, ob irgenwo Kreuze hängen oder nicht. Wer meint, dass ein Kreuz die Religionsfreiheit der Schüler einschränkt, der ist ein elender Lügner, denn ihm geht es etwas anderes und ganz gewiss nichts Gutes. Mein Vater, der mich zum Atheisten erzogen hat, wäre im Traum nicht auf die Idee gekommen, zu behaupten, dass das Kreuz sein Recht, mich in Übereinstimmung mit seiner Überzeugungen zu erziehen, verletzen würde. Im Gegenteil hat er mich in Kirchen und Synagogen geschickt, damit ich mir selbst ein Bild mache. Der Europäische Gerichtshof für Menschenrechte ist in meinen Augen eine Versammlung von Dummköpfen und Lügnern.
Atheisten glauben daran, dass es keinen Gott gibt. Der Atheismus hat Religionscharaker, auf die Wissenschaftlichkeit der Ansichtenmenge kann nicht verwiesen werden (Dawkins und andere versuchens zwar, sind aber schwer auf dem falschen Dampfer – man darf hier die Exponenz eines ansonsten talentierten Wissenschaftlers feststellen).
Also, wenn wir gerade bei Dummköpfen und Lügnern sind: Finger weg vom Atheismus!
Webbär, laß die Finger von Dingen, die Du nicht mal ansatzweise begreifst. Insbesondere von Auffassungen, die außerhalb Deines Märchenwaldes liegen.
Danke schön.
Einfach Fragen stellen, wenn irgendetwas unklar.
Der WB führt gerne weiter aus.
Denn: Trotz der scheinbaren Einfachheit scheitern gerade bei diesem Thema viele, das Thema hat exemplarischen Wert.
BTW, dem Atheismus, der wie oben angemerkt geistig recht schlicht („philosophisch fehlerhaft“) ist, auch als Religionsersatz fungiert, steht oft ein Antireligionismus zur Seite. Auch dieser ist sehr problematisch.
Allerdings hat Hr.Lang diesen nicht angedeutet. Insofern blieb dem werten Leser ein dbzgl. webbärscher Vortrag erspart.
MFG, WB