Zu meinem Beitrag Für die Unwissenden, in dem es um die Möglichkeit von Währungswettbewerb in Europa ging, hat Zettel in seinem Raum in der Marginalie: Aus eins mach zwei, mach drei, mach vier: Sollte es in Deutschland Parallelwährungen zum Euro geben? einen wichtigen Einwand vorgebracht. Sein Argument ist nicht von der Hand zu weisen. Aber es gibt gute Gründe, es sowohl in einen breiteren Kontext zu stellen als auch es teilweise zu entkräften. Das will ich versuchen.
Zunächst jedoch zu einem Punkt, der in meinem Text nicht ganz klar war und zu einem Missverständnis führen kann: Zettel schreibt, dass er dem Modell von zwei Parallelwährungen (Euro und eine nationale Währung) in einem bestimmten Gebiet zustimmen könne. Doch ein wesentlicher Punkt des Arguments für Währungswettbewerb ist, dass es einen offenen Markt für Währungen gäbe. Das heißt, wenn eine nationale Zentralbank im Euroraum wieder eine nationale Währung herausgeben würde, wäre ihre Nutzung nicht auf dieses Land beschränkt – ein freier Markt für Währungen würde (oder sollte aus meiner Sicht) die ganze Eurozone, oder besser die ganze EU umfassen. Man könnte also in Deutschland auch mit Drachmen oder Lira bezahlen, wenn sich Käufer und Verkäufer darauf einigen würden. Und in Griechenland mit D-Mark. Der sogenannte „legal tender“ würde abgeschafft. Doch vielleicht macht das Zettels Hauptargument sogar noch stärker – würde nicht ein großes Chaos entstehen, in dem es dem Einzelnen schwerfiele, mit den vielen Währungen umzugehen?
Zettel schreibt auf meine Behauptung, dass sich im System der freien Währungskonkurrenz jeder für die Nutzung nur einer Währung entscheiden könnte:
Könnte er das wirklich? Er braucht ja bei jeder Transaktion einen Partner, der dieselbe Währung nutzt. Und wie würde ein System mit, sagen wir, einem Dutzend Währungen im selben Land denn in der Praxis funktionieren?
Bei zwei Währungen kann ich mir das gut vorstellen; wie bei der Umstellung auf den Euro, als die D-Mark in der Übergangszeit als Zweitwährung fungierte. In Grenzgebieten war das vor der Einführung des Euro ebenfalls oft üblich – Deutsche, die nach Holland zum Einkaufen fuhren, konnten zum Beispiel auf Wunsch auch in D-Mark zahlen. (…)
Die meisten Deutschen dürften, wie ich, heilfroh gewesen sein, als es damit vorbei war und man nur noch in Euro zahlte.
Und nun das bei vielleicht einem Dutzend Währungen! Und das mit – darin soll ja der Charme dieses Systems liegen – freien, sich also täglich ändernden Wechselkursen!
Nachdem Zettel zugesteht, dass vielleicht die Probleme bei bargeldlosem Verkehr nicht so groß wären, setzt er fort:
Also selbst bei Abschaffung des Bargelds bliebe, scheint mir, ein beträchtliches Chaos; erinnernd an das 18. und 19. Jahrhundert, als in Deutschland jeder Kleinstaat seine eigenen Münzen prägte.
Ich will versuchen, auf drei Fragen zu beantworten:
Gibt es für den Einzelnen unbeherrschbares „Chaos“, also sehr viele Währungen?
Ist diese Vielfalt unbeherschbar?
und:
„Ist das schlimm?
Ich beginne mit der dritten Frage:
Wenn die Argumente für Währungswettbewerb stichhaltig sind, wenn er also eine Chance bietet, den Wettlauf der staatlichen Gelddrucker zu stoppen oder wenigstens einzuschränken, dann ist das vielleicht ein wenig mehr Aufwand für die einzelnen Menschen wert. Die meisten Menschen waren vielleicht „heilfroh“, als sie ausschließlich mit Euro bezahlen durften, aber sie wären (jedenfalls nach einigem Nachdenken) auch heilfroh über einen Mechanismus, der ihnen Alternativen zu inflationären Währungen bietet. Ein bisschen mehr Aufwand wäre also aus meiner Sicht nicht schlimm. Soviel zum Stellenwert des Arguments, dass Währungswettbewerb nicht praktikabel ist.
Nun zur zweiten Frage, der nach der Praktikabilität: Könnte ich, als einzelner Geldnutzer, mich auf ein (oder vielleicht zwei) Währungen beschränken? Die sehr wahrscheinliche Antwort ist ja. Das Problem läge vor allem auf der Seite der Anbieter von Waren und Dienstleistungen, die mehrfach auspreisen müssten, um keine Kunden zu verlieren. Übrigens, hier noch ein nicht ganz wissenschaftliches Argument: Jede Marktfrau mit Grundschulabschluss in Osteuropa ist in den späten 80ern und frühen 90ern problemlos mit mehreren Währungen umgegangen, und das oft sogar ohne Taschenrechner.
Bleibt die Frage, ob es tatsächlich ein Dutzend oder eine ähnlich große Zahl Währungen geben würde. Die Antwort darauf bleibt natürlich Spekulation, aber es gibt gute Anhaltspunkte für ein nein. Stellen wir uns, noch ganz in der Logik staatlichen Geldes verhaftet, die 80er Jahre des letzten Jahrhunderts vor. Was wäre passiert, wenn man die regionalen staatlichen Geldmonopole abgeschafft hätte und alle europäischen Währungen frei hätten verwendet werden können? Das war übrigens Hay Wären wirklich überall ein Dutzend Währungen in Gebrauch gekommen. Wahrscheinlich hätte es doch ein oder zwei nationale Währungen in ganz Europa gegeben, die sich als Zahlungsmittel durchgesetzt hätten. Um nicht als Nationalist bezeichnet zu werden, sage ich nicht, welche es gewesen wäre :-).
Für private Banken wäre die Eintrittsschranke sehr groß. Es ist mit großem Aufwand verbunden,
Vertrauen bei den verschiednen Geldnutzern zu gewinnen und zu erhalten. Verschiedene Methoden sind hier denkbar – attraktiv ist die Bindung ein irgendein Gut oder irgendeinen Stoff, etwa Gold. Vor den Banken würde übrigens auch das Problem stehen, für Praktikabilität des Umgangs mit „ihrer“ Währung zu sorgen. So würden wahrscheinlich nur Währungen entstehen, die von vornherein den Anspruch haben, im ganzen Markt, also in ganz Europa akzeptiert zu werden. Es ist also nicht mit sehr vielen privaten Währungen zu rechnen. Vielleicht setzt sich sogar nur eine durch…
Zum Schluss noch der Verweis auf Hayek’s Schrift, die der ganzen Diskussion über Währungskonkurrenz zugrunde liegt. Übrigens ein sehr gut lesbares Werk zu einem sehr komplizierten Thema: Die zweite Auflage, in der Hayek auf einige Argumente von Kritikern eingeht, kann man beim auf mises.org als pdf lesen:
Denationalisation of Money -The Argument Refined
Und ganz zum Schluss noch Dank an Erling Plathe, der durch seine Verlinkung den Austausch von Argumenten möglich gemacht hat.
Das eigentliche Problem ist doch, das konkurierende Währungen zu Kartellbildung führt.
Was, wenn man als Mitarbeiter von Siemens nur noch in Siemansdollar (SD) bezahlt wird, aber die Geschäfte aber nur Aldithaler(AT) annehmen.
Nun zum einen müsste man erstmal nen Wechlser finden (der einen Anteil einbehält) und erst dann kann man einkaufen.
Dann gibt es noch die Möglichkeit, das Währungspartner von SIemens Läden eröffnen, wo ich für SD ausschließlich von Siemens genehmigte Produkte kaufen kann. Was aber wenn ich einen Kühlschrank nicht von Siemens aber von AEG haben will? Kriege ich den dann nicht oder nur gegen horrenden Aufpreis? Muss ich erst zur Wechselstube rennen und dann zu einem Geschäft fahren das einen Vertrag mit AEG hat?
Geld wurde nötig weil die Menschen ein universelles Zahlungsmittel brauchten. Das Geldmachen zum Konkurrenzgeschäft zu erklären würde dies zerstören.
Die Meinung eines anderen Vertreters der Österreichischen Schule der Nationalökonomie zum Hayek-Vorschlag finde ich sehr überzeugend. Hans-Hermann Hoppe hält ihn für eine Schnapsidee. Einmal weil es nicht möglich sei eine Währung nur durch die Ausgabe von Papier zu etablieren, weil anfangs niemand weiß, was sie wert sei. Der Wert einer Währung ergebe sich erst aus dem Tauschhandel. Der Dollar als FIAT-Währung konnte nur etabliert werden, weil die Menschen seinen Wert vom „alten“ goldgedeckten Dollar kannten.
Außerdem sieht auch Hoppe das Problem, dass die Ausgabe vieler verschiedener Währungen tendentiell zum zivilisatorischen Rückschritt in eine Tauschwirtschaft führt, wo ich zufällig das Gut besitzen muss, was mein Tauschpartner haben will.
Ein Privatgeld mit 100% Einlagensicherung in Gold ist im Prinzip keine eigene Währung, sondern nur etwas bequemer zu handhaben als Goldmünzen.
Hoppe sagt, dass nur die Geldmenge nicht aber der Geldwert einer Währung stabil bleiben muss. Das ist beim Gold de facto der Fall (mit ca. 1% Förderung der bereits vorhandenen Goldmenge im Jahr). Hayek bezeichnet in „Denationalization of Money“ Gold als „wobbly anchor“, ohne ein konkretes Problem aufzuzeigen, das sich daraus ergibt. Warum sollte Gold nicht Welteinheitswährung werden, wenn die Regierungen den Markt nur machen ließen?
The Theory of Banking (by Hans-Hermann Hoppe):
Nachtrag: Hoppe spricht in dem Video ab Minute 2:40 über Hayeks Idee.
@Thomas Leske
Und wo liegt daran jetzt das Argument gegen freien Währungswettbewerb?
Falls Hoppe recht hat und tatsächlich ausschließlich Währungen, die eigentlich nur „bequemer zu handhabende Goldmünzen“ sind, die nötigen Anforderungen bzgl. Vertrauensbildung und Effizienz erfüllen können – dann würden sich eben solche im Wettbewerb durchsetzen. Vielleicht sogar eine einzelne…
@ben
Hoppe ist als Anarchokapitalist ganz sicher nicht gegen Wettbewerb. Aber am Markt hat sich Gold als weltweite Währung tatsächlich herausgebildet, bis die Regierungen den Ersten Weltkrieg finanzieren mussten und ihren Bürgern Papiergeld auf Auge gedrückt haben. Ludwig von Mises hat schon lange theoretisch erklärt, was an staatlichem Papiergeld und dem Teilreservesystem falsch ist.
Die Frage ist doch, was Hayek ihm Gegensatz zum Mainstream der Österreicher so erstrebenswert an mehreren parallelen Währungen im Vergleich zu Gold findet. Er braucht die Währungskonkurrenz nicht nur als rechtliche Möglichkeit sondern am Markt, weil sonst der Monopolist Geld nachdrucken kann, ohne dass die Menschen in eine andere Währung fliehen können.
@5.
Ob Gold sich am Markt durchsetzt, wird man sehen, wenn es Wettbewerb gibt. Das einfach a priori zu postulieren, scheint mir eine Anmaßung von Wissen zu sein.
@Thomas Leske: HHHs Argument geht auf das Regressionstheorem zurück. Also auf die Tatsache das sich die Akzeptanz des Geldes in der Gegenwart aus dem Wert den es in der Vergangenheit hatte ableitet. Aus dem Regressionstheorem ergibt sich tatsächlich, das man keine Fiat-Währung im luftleeren Raum etablieren kann. Damit ist jedoch Hayeks Vorstellung wie Währungen unter freien Bedingungen betrieben würden keineswegs vom Tisch denn seine Vorstellung sieht vor das die Emittenten von Währungen diese behandeln als wären sie gegenüber ein Gut konvertierbar. Damit sind den Bedingungen des Regressionstheorems genüge geleistet, da die Akzeptanz der Währung durch den Wert des Guts gestützt wird, gegen das die Währung verankert wird.
Das ist eine Geisterdiskussion.
De facto haben wir schon lange Währungswettbewerb. Jeder Bürger kann nach Belieben mit seinen Vertragspartnern die Zahlungsart vereinbaren. Ich kann mich juristisch korrekt in Gold, in Bananen, in VW-Aktien oder in allen möglichen FIAT-Währungen bezahlen lassen. Ich kann auch fast beliebig irgendwelche Gutscheine emittieren, die von anderen Leuten dann als Zahlungsmittel verwendet werden können.
Der Staat verbietet nur, daß jemand seine Gutscheine auch offiziell „Geld“ nennt. Und er zwingt Einzelhändler, ihre Waren AUCH für Euro zu verkaufen und das auszuzeichnen. Das ist aber angesichts der freien Konvertibilität aller Währungsarten ziemlich nebensächlich. Genauso wie die Tatsache, daß der Staat selber seine Steuern etc. in genau einer Währung kassieren möchte und eine entsprechende Version von Bilanz und Steuererklärung in Euro erwartet. Man kann trotzdem seine Bilanz in Rubel führen und dann für die offiziellen Angaben umrechnen.
Natürlich erfordert es mehr Aufwand, eine andere Zahlungsmethode als den Euro zu verwenden. Aber das wird ja von den Befürwortern von Währungswettbewerb ohnehin als Nebensächlichkeit betrachtet.
Umgekehrt ist der Nutzen solcher Konkurrenzwährungen überhaupt nicht zu erkennen. Weswegen sie sich eben in der Praxis auch nicht etablieren können.
Für den täglichen Zahlungsverkehr ist der Euro so problemlos zu gebrauchen, daß keinerlei Konkurrenz sinnvoll ist.
Und für die langfristige Wertaufbewahrung (wenn man das überhaupt als Aufgabe einer Währung sieht) gibt es genug Möglichkeiten (z. B. kann man sich beliebig Gold kaufen). Ob man diese Möglichkeiten nun auch „Währung“ etikettieren will, ist ziemlich unwichtig.
@R.A: Nein damit liegst du falsch. Sobald du in einem Vertrag eine Zahlung vereinbarst deren Eurobetrag von dem Wert eines anderen Guts abhängst verstößt du gegen das Indexierungsverbot und die Vereinbarung ist unwirksam. Es gibt hier zwar Aufnahmen (reine Finanzgeschäft oder die militärische Beschaffung) aber auf dieser Basis kann keine Parallelwährung etabliert werden.
Also besteht das Verbot von Goldklauseln faktisch weiter fort. Denn in §3 (http://www.gesetze-im-internet.de/prkg/__3.html) bestimmt dieses Gesetz zwar einige Außnahmen für langfristige Verträge, aber nur für bestimmte Preisindexierungen. Goldklauseln blieben unzulässig, außer vielleicht nach Absatz 3, wenn einer der Vertragspartner eine Goldmiene ist.
„(3) Preisklauseln in Verträgen über wiederkehrende Zahlungen, die zu erbringen sind
1.
für die Dauer von mindestens zehn Jahren, gerechnet vom Vertragsabschluss bis zur Fälligkeit der letzten Zahlung, oder
2.
auf Grund von Verträgen, bei denen der Gläubiger für die Dauer von mindestens zehn Jahren auf das Recht zur ordentlichen Kündigung verzichtet, oder der Schuldner das Recht hat, die Vertragsdauer auf mindestens zehn Jahre zu verlängern,
sind zulässig, wenn der geschuldete Betrag von der künftigen Einzel- oder Durchschnittsentwicklung von Preisen oder Werten für Güter oder Leistungen abhängig gemacht wird, die der Schuldner in seinem Betrieb erzeugt, veräußert oder erbringt, oder wenn der geschuldete Betrag von der künftigen Einzel- oder Durchschnittsentwicklung von Preisen oder Werten von Grundstücken abhängig sein soll und das Schuldverhältnis auf die land- oder forstwirtschaftliche Nutzung beschränkt ist.“